Das Ende der Pandemie?
Deutschland steht nun erneut unter einem „Lockdown“. Wir erleben also wieder massive Einschränkungen des Alltags. Es wird uns über die Medien teilweise suggeriert, man würde nun sehnlichst auf den Impfstoff warten, um damit zur bekannten „Normalität“ zurückkehren zu können. Mit der erfolgreichen Verteilung des Impfstoffs sei dann endlich eine Ende der Krise in Sicht. Aber ist das wirklich so?
Ich sage: Nein. Denn es handelt sich nicht nur um eine Krise der körperlichen Gesundheit, sondern vor allem auch um eine Krise der Gesellschaft, der Weltanschauung und des Menschenbildes.
2020 – ein Jahr der Angst
Je nachdem wie man die Aspekte „Gefährlichkeit des Virus“ und „Angemessenheit der Maßnahmen“ bewertet, kann man die Kommunikation der Medien als zweckmäßig oder panikschürend bezeichnen. Außer Frage steht für mich jedoch, dass in vielen Menschen während dieser Pandemie-Situation Ängste verschiedenster Art willentlich oder unbewusst hervorgerufen, erzeugt und/oder verstärkt wurden.
Allen voran wird von den reichweitenstarken Medien die Angst befördert, an dem Virus tödlich zu erkranken oder Schuld an der Infektion von Angehörigen, Freunden und Mitmenschen zu sein. Diese Angst kann von gesundem Respekt vor Infektionskrankheiten – den ich persönlich vor „Corona“ bereits hegte – bis zu einem handfesten Viruswahn, bei der man nicht mal mehr seine eigenen Familienangehörigen sehen geschweige denn berühren möchte oder sich gänzlich zuhause verbarrikadiert, alle möglichen Formen annehmen.
In einigen „alternativen Medien“ oder „Telegram-Kanälen“ – und sehr vereinzelt klingt es auch in den „Mainstream-Medien“ an – wird die Angst befördert, Deutschland, Europa oder sogar die ganze Welt würde von einer autoritären Regierungsclique bedroht. Diese Angst vor einem neuen autoritären Regime kann ebenfalls unterschiedlichen Umfang annehmen. Manche sehen abstrakte dunkle Mächte am Werk, die die Weltherrschaft anstreben. Andere sehen milliardenschwere Großunternehmer, die mehr oder weniger zusammenarbeiten und/oder enger oder weniger eng mit der Politik verzahnt sind, um Deutschland, Europa, die westliche Welt oder den gesamten Globus zu unterjochen. Wie einzelne diese Herrschaft genau definieren, fällt sehr unterschiedlich aus.
Weniger in den Medien präsent – in den „Mainstream-Medien“ verhältnismäßig noch viel weniger – sind die Ängste einer immer größer werdenden Bevölkerungsgruppe, die vor einer Privat- und/oder Unternehmensinsolvenz stehen, weil ihre Geschäftsgrundlage oder ihr Arbeitsverhältnis durch die Maßnahmen effektiv bedroht sind. Es ist nicht allen bekannt, aber im Zuge der Pandemie wurde die Insolvenzantragspflicht ausgesetzt. Diese Pflicht wird aber irgendwann ab Januar oder Februar 2021 wieder eingesetzt, was eine sehr wahrscheinliche Insolvenzwelle auslösen wird, da eigentlich insolvente Unternehmen derzeit ein „Zombie-Dasein“ führen.
Eine weitere Angst, die ebenfalls von den „etablierten Medien“ aktiv und geradezu hysterisch befeuert wird, ist die vermeintlich Gefahr, dass protestierende Kräfte, wie die aus meiner Sicht sehr heterogene „Querdenken“-Bewegung, die Vorboten einer wieder erstarkenden nationalistischen oder gar faschistoiden Kraft sei, ja sie vielleicht sogar selbst verkörpere. Dass sie damit aus meiner Sicht tatsächlich Recht haben könnten, aber aus völlig anderen Gründen, wird vielleicht an anderer Stelle noch weiter ausgeführt.
Eine in den letzten Jahren im gesellschaftlichen Diskurs immer stärker betonte Angst ist, in soziale Isolation zu geraten, wenn man die falsche Meinung hat. Damit spiele ich natürlich auf den Oberbegriff „Verschwörungstheorie“ an. Niemand möchte sich das Label „Verschwörungstheoretiker“ anheften lassen, weshalb sich viele schlicht dazu entscheiden, einfach keine differenzierte Meinung zu entwickeln oder sich einfach der Mehrheitsmeinung schulterzuckend anzuschließen. Diejenigen, die beginnen, Fragen zu stellen, sehen sich immer schneller in der Gefahr, in die Schublade der „verrückten, antisemitischen, neorechten, rechts-esotherischen Verschwörungstheoretiker“ gesteckt zu werden. Wie genau sich die Bezeichnung dann zusammensetzt, wird dann je nach Bedarf und Möglichkeit angepasst.
Derzeit entfaltet sich gerade eine neue Angst, die aus meiner Sicht durchaus berechtigt ist, auch wenn ich generell dazu rate, sich nie in eine Angsthaltung drängen zu lassen: Die Angst vor der Zwangsimpfung oder einer irgendwie gearteten Impfpflicht. Unser Nachbarland Österreich geht bereits mit gutem Beispiel voran, indem sie einen offiziellen Impfpass einführen wird. Derzeit wird insbesondere in den Telegram-Kanälen und den „alternativen Medien“ eindringlich davor gewarnt, sich völlig unbedarft dieser Impfung auszusetzen, weil deren Wirkungsgrad und deren Mittel- und Langzeitfolgen noch gar nicht absehbar sind. Auch in den „etablierten Medien“ wird zunehmend Kritik laut. Einzelne Experten gehen sogar soweit, dass sie eine mögliche Gen-Veränderung und/oder Fruchtbarkeitsbeeinträchtigung durch die Impfung befürchten.
Diese exemplarische Auflistung der derzeitig herrschenden Ängste ist völlig wertfrei gemeint. Außerdem bedeutet es nicht, dass ich all diese Ängste als realistisch ansehe. Ich habe sie nur beobachtet und hier niedergeschrieben.
„Angst“ und „Konsum“ gehen Hand in Hand
Wenn man versucht, sich in diesen Zeiten einen umfassenden Überblick zu verschaffen, – und darum habe ich mich stets bemüht – dann scheint dies insbesondere in diesem Jahr beinahe unmöglich zu sein. Selbst ich, der ich mich nun seit über sieben Jahren aktiv und autodidaktisch in allen möglichen Themenfeldern eingearbeitet und mir dabei eine gewisse Medienkompetenz angeeignet habe, gebe offen zu, dass ich inzwischen aufgehört habe, mich pausenlos über alle möglichen Themen zu informieren, um der „Wahrheit“ auf die Spur zu kommen.
Ich habe irgendwann realisiert, – und mein Umfeld hat es mir auch bestätigt – dass mir dieser Medienkonsum nicht gut tut. Ich habe meinen spirituellen Selbstbezug aus den Augen verloren und nurmehr die zahlreichen Ängste, die ich von allen Seiten mitbekommen habe, beobachtet, bewertet, beschrieben und teilweise aufgenommen. Das lässt mich natürlich nicht kalt.
Der Unterschied zwischen mir und all denjenigen, die sich erst seit Kurzem der nationalen und internationalen Politik, den Medien und der Wirtschaft aktiv beschäftigen, ist die Erfahrung, die ich bereits in diesen Themenfeldern gesammelt habe. Für die „Neueinsteiger und Neueinsteigerinnen“ ist dieses Jahr wahrlich ein Wurf in eiskalte Gletschergewässer. Für die Urgesteine der „alternativen Medien“ war dieses Jahr hingegen die Offenbarung dessen, was sie selbst seit mehreren Jahren in unterschiedlicher Form beschrieben haben. Nicht umsonst haben „Verschwörungstheorien“ derzeit Hochkonjunktur – vieles ist nun derart offensichtlich geworden, dass man nicht mehr von einer „Theorie“ sprechen muss.
Ebenso wie bei den meisten anderen, die wie üblich ganz selbstverständlich die etablierten Medien konsumierten, ist bei „den Aufgewachten“ zu beobachten, wie stetig steigender Medienkonsum, auch wenn es „alternative Medien“ sind, zu einer ausgewachsenen Angsthaltung führen kann. Die Angst kann sich je nach Persönlichkeit der Konsumenten und Wortwahl der Mediengestalter in Wut, Panik, Apathie, geistiger und/oder ganzheitlicher Isolation wandeln.
Die Wut kann dann zu körperlicher oder verbaler Gewalt führen. Die Panik kann zu Hamsterkäufen, Denunziantentum, Asozialität (= Abkehr von der Gesellschaft) oder anderen schädlichen Handlungen an sich selbst oder anderen führen – dabei spreche vor allem vom Maskenzwang bei Kindern und Jugendlichen. Die Apathie kann zu einer absoluten Ahnungslosigkeit führen, bei der man sich kommentarlos allen Vorgängen und Anordnungen hingibt und sich geistig in seine Wohlfühl- und Arbeitsblase zurückzieht, in der Politik keine Rolle zu spielen scheint.
Die geistige Isolation kann dazu führen, dass man sich einfach gar nicht informiert und vor den Geschehnissen die Augen verschließt, während man sich der bequemen Mehrheitsmeinung anschließt. Die ganzheitliche Isolation kann zu einer vollständigen Abkapselung von den gesellschaftlichen Vorgängen führen, obwohl dieser Zustand ebenfalls utopisch ist, weil man nur in der völligen Autarkie größtenteils unabhängig ist. Und selbst dann ist man immer noch Teil eines Staatengefüges.
Der Konsum von Medien führt dabei zu einer Steigerung dieser Ängste, weil täglich neue Meldungen und vermeintliche oder wahrhaftige Tatsachen auf uns einprasseln, die vor einem Jahr noch als absurdeste Science-Fiction bezeichnet worden wären. Zugleich ist der Konsum von Genussmitteln und/oder anderen Gütern wie Klamotten, Luxusartikeln, Videospielen und Smartphone-Kram eine Flucht vor diesen Ängsten. Man verschafft sich kurzzeitig ein wenig Luft vor diesem Gefühl der Angst, das damit nicht weg ist, sondern lediglich für eine gewisse Zeit in eine Kammer im Unterbewusstsein eingeschlossen wird.
Nur mit aktiver Anstrengung, geistiger Arbeit und kreativen Lösungsstrategien kann man aus diesem Teufelskreis des Konsums teilweise oder gänzlich heraustreten. Ich habe an anderer Stelle bereits mögliche Ansätze aufgezeigt, die für den einen oder die andere vielleicht eine Hilfestellung bedeuten könnten.
Mein Credo ist es, den Wandel zunächst in sich selbst zu suchen. Ängste stehen einer gesunden und nachhaltigen Selbsterkenntnis im Weg. Zuvorderst steht also die Selbsterkenntnis, woraufhin sich der gesellschaftliche Wandel von selbst ereignen würden, den sich eigentlich die meisten Menschen wünschen, wenngleich nicht alle unbedingt dieselbe Vorstellung haben, in welche Richtung es gehen soll.
Die Illusion der Komplexität
Die Globalisierung stellt uns vor immer größere Herausforderungen. „Größer“ bedeutet hier, dass sie immer mehr Menschen betreffen. Dies heißt jedoch nicht automatisch, diese Herausforderungen wären wesentlich komplizierter. Vieles, was uns als zu komplex und zu verwirrend dargestellt wird, kann in einigen Fällen auf sehr grundlegende Dinge herunter gebrochen werden.
In unserem Zeitalter der Spezialisten und Expertinnen wenden wir jedoch enorm viel Energie, Zeit und Geld auf, um immer tiefer in Details hinein zu blicken, weshalb immer weniger Menschen das sind, was man Universalgelehrte nennt. Die erste höhere Lehreinrichtung unseres Kulturkreises, die man getrost als die Vorgängerin der heutigen Universitäten bezeichnen kann, war die Platonische Akademie.
Dort studierten die Anwärter nicht nur ein oder zwei Fächer sondern befassten sich mit „Metaphysik, Ontologie, Erkenntnistheorie, Wissenschaftstheorie, Dialektik, Ethik, Verfassungstheorie, Mathematik und Geometrie, Astronomie, Kosmologie, Physik, Seelenlehre, Sprachwissenschaft, philosophischer Theologie und Dämonenlehre“ (Quelle). Kurzum: die damalige Ausbildung zielte auf universale Bildung ab: daher leitet sich auch der Begriff „Universität“ ab.
Natürlich war die Gesamtmenge an Wissen damals im Vergleich zu heute vermutlich wesentlich geringer. Aber mit welchem Wissen rühmen wir uns heute? Ist es wirklich wichtig, wie viel wir wissen? Das wage ich, stark zu bezweifeln. Wissen und Intelligenz sind zwei Dinge, die miteinander in Interaktion stehen, aber keinesfalls gleichgesetzt werden dürfen.
Außerdem kann natürlich nicht jeder alles studieren. Es muss auch nicht jeder studieren. Darum geht es nicht. Man könnte sogar darüber streiten, ob es eine Schulpflicht geben muss. Ich persönlich finde die Institution „Schule“ sehr wichtig. Wer meine Texte allerdings kennt, der weiß, wie ich zum heutigen Schulsystem stehe.
Meines Erachtens geht in unserem Schulsystem nicht darum, uns ein Verständnis der großen Zusammenhänge infolge selbständigen Denkens aufzuzeigen, sondern den Schülerinnen und Schülern einzutrichtern, dass die Welt viel zu kompliziert sei, weshalb man sich genauestens an die Aufgabenstellung halten und nur den autorisierten Informationsquellen und nicht dem eigenen kritischen Verstand trauen sollte. Was „autorisierte Informationsquellen“ sind, wird von Autoritäten entschieden, deren Anrecht auf diese Stellung sich von „höheren Gesetzen“ ableitet.
Bildungsreform
Das erste, was es aus meiner Sicht also grundlegend zu reformieren gilt, wenn wir die Pandemie überwunden haben, wäre demnach der Bildungssektor. Weniger Leistungsdruck, kleinere Klassen, persönlicher Unterricht, Stärkung der individuellen Fähigkeiten, mehr und besser ausgebildete Lehrer. Was wären zentrale Inhalte oder Themen, die aus meiner Sicht die Gesellschaft stärken würden, um eine solche Situation, wie wir sie in diesem Jahr erleben, besser zu meistern?
Sprach- und Kommunikationswissenschaften:
Natürlich sehe ich als gelernter Sprachwissenschaftler die Lehre der Linguistik als ein zentrales Thema. Sprache ist direkter Ausdruck unseres Denkens und damit unser zentrales Kommunikationsmedium. Kein gesellschaftlicher Vorgang funktioniert davon abgekoppelt. Sprache ist so universal präsent, dass wir sie als ebenso selbstverständlich ansehen, wie das Schlagen unseres Herzens, das Wachsen unserer Haare und das Wechseln von Tages- und Nachtzeiten. Sie scheint einfach da zu sein und mechanisch ihren Zweck zu erfüllen.
Ganz so einfach ist es nicht. Sprache ist mehr als einfach nur das Medium, auf welchem wir Informationen austauschen. Wir sind ja keine USB-Sticks, die einfach Daten hin- und herschieben. Sprache ist Ausdruck unseres Denkens! Das bedeutet zum einen: jeder benutzt Sprache auf seine ganz individuelle Weise („Idiolekt„). Darin eingeschlossen sind nicht nur die Bedeutungen jedes einzelnen Wortes, die sogar innerhalb derselben Gesellschaft ja zwischen einzelnen Personen erhebliche Variation aufweist, sondern auch die Art und Weise, wie Kommunikation abläuft.
Nicht selten findet man sich in einem handfesten Streit mit seinem Partner oder seiner Partnerin wieder, dessen Ursache häufig in einer abweichenden Interpretation eines Wortes, eines Satzes oder einer Nuance in Mimik, Gestik oder Tonfall liegt. Um das gesellschaftliche Leben also zu gestalten, müssen wir zunächst lernen, wie wir Gedanken möglichst effizient austauschen können. Den Prozess dieses Austauschs zu verstehen, sollte also die oberste Priorität unserer Ausbildung sein, um die Ausbildung an sich überhaupt erst möglich und effizient zu machen. Den anderen verstehen zu können, scheint jedoch nicht gerade in Mode zu sein heutzutage.
Logisches Denken und Handwerk:
Nicht wesentlich weniger wichtig ist das, was uns die Logik, die Technik und die Mathematik lehren. Zahlen waren schon immer eine meiner Schwachstellen. Ein Mathematiker würde mir jedoch sagen, dass Mathe zunächst nichts direkt mit Zahlen zu tun hat. Auch Ingenieure und Logiker würden die Zahlen nicht so sehr als das zentrale Element ihres Gebiets bezeichnen. Zahlen sind im Grunde nichts anderes als eine noch abstraktere Sprache, die uns dabei hilft, die Ordnung der Dinge in Raum und Zeit messbar zu machen.
Zahlen sind eine Sprache der reinen Logik, während Sprachen wie Deutsch, Swahili, Türkisch und all die anderen Kultur- und Landessprachen der Welt uns gern mal „unlogisch“ erscheinen. Warum das so ist, kann an dieser Stelle nicht erschöpfend diskutiert werden..
Von der Logik ist es dann nicht mehr weit zur Philosophie. Das Wort „Philosophie“ oder der Berufsstand „Philosoph“ hat in unserer heutigen Welt kaum mehr Bedeutung. Der Ausdruck „Philosoph“ trägt fast schon eine negative Konnotation in sich, weil er die absolute Abkehr von der leistungsorientierten Wettbewerbsgesellschaft darstellt. Das heißt im Umkehrschluss aber nicht, der „Philosoph“ würde diese Wettbewerbsgesellschaft ignorieren oder verneinen, ganz und gar nicht:
„Philosoph ist, wer das Sehen der Wahrheit liebt. Ein Sammler von Kunstwerken liebt schöne Dinge, was ihn aber noch zu keinem Philosophen macht. Der Philosoph liebt die Schönheit an sich. Der Liebhaber schöner Dinge befindet sich im Traum, der Liebhaber der Schönheit an sich ist wach.“
(Quelle: B. Russel (1970): Denker des Abendlandes, S. 60)
Die Schüler sollen nun natürlich nicht in der Grundschule Platos „Politeia“ oder Kants „Kritik der reinen Vernunft“ wälzen. Sie sollen ein Gefühl dafür bekommen, was es heißt, sich nicht mit einem Thema sofort gemein zu machen, sondern von der eigenen Perspektive zurückzutreten und möglichst viele Perspektiven in Betracht zu ziehen, um so wahrhafte Toleranz und eine gesunde Diskussionskultur zu erlernen.
Damit wären auch Rassismus und Antisemitismus in ihrer Wurzel beseitigt, ohne den Kindern einer frühen Traumatisierung mit Konzentrationslagern und Nationalsozialistische Verbrechen auszusetzen. Dies bedeutet natürlich nicht, dass diese Themen dann vom Erdball verschwunden sind. Mein Ansatz ist jedoch, dass man Ideen, die man gerne überwinden möchte, zunächst gedanklich entfernt, sich also eine Welt ohne diese Idee vorstellt. Erst wenn sich eine Sache in Gedanken fassen lässt, kann sie sich auf der Welt manifestieren.
Das Handwerk spielt dabei eine wichtige Rolle. Mit Handwerk meine ich nicht nur „Technisches Werken“ mit Nagel und Hammer. Den Kindern sollte bei allen Dingen, sowohl bei der Lehre der Logik als auch bei der Linguistik, stets ein Bezug zur Welt, zu handwerklichen Dingen aufgezeigt werden. Abstrakte Dinge wie Zahlen und Sprache sollten so plastisch wie möglich gemacht werden. Zahlen, Kräfte und Naturgesetze sollten beim Bauen von Baumhäusern und technischen Werksstücken einfließen. Die Kinder sollten das Zählen anhand von echten Äpfeln, Blättern oder Steinen lernen.
Wenn ich beispielsweise über das Wesen der grammatischen Fälle spreche, also über Nominativ, Akkusativ, Dativ und Genitiv, dann stellen sich bei vielen direkt die Nackenhaare auf, weil allein die Erwähnung dieser Ausdrücke ein schulisches Trauma triggert, welches ihnen trockener Grammatik-Unterricht verpasst hat. Ich gehe nun also hin und zeige meinen Schülern auf, was dieses Kasussystem eigentlich macht und warum es beispielsweise im Englischen, falls sie Englisch können, kein vergleichbares System gibt. Ich beginne also mit dem praktischen Nutzen.
Dann nehme ich mir Gegenstände, die sich auf dem Tisch befinden und zeige mit Beispielsätzen und praktischen Beispielhandlungen auf, weshalb wann welcher Fall benutzt wird. Ich nehme als Bezug zur Welt, zum Handwerk. Dann erkläre ich, was daran so besonders ist und welche Sprachen sogar noch kompliziertere Systeme haben, um ähnliche Dinge auszudrücken. Ich zeige also auf, dass es nicht unmöglich ist, es zu verstehen. Schließlich liefere ich Eselsbrücken, um sich die komischen Begriffe besser merken zu können und dann erkläre ich, wie man die Fälle „zusammenbaut“.
Dann sollen die Schüler das, was sie verstanden haben, selber zusammenfassen, aufschreiben und selbständig Beispiele finden und formulieren. Danach ergänze oder korrigiere ich, was nicht ganz passt. Schließlich frage ich immer wieder im Verlauf des weiteren Unterrichts an passenden Stellen, was denn nochmal der Genitiv war und was er macht. Die Schüler müssen also während der Verwendung erklären können, warum sie was machen und was es genau ist.
Wenn dies mit abstrakten Dingen wie Sprache möglich ist, sollte dies doch mit den meisten anderen Fächern noch einfacher sein, oder? Da wir nun während Corona ohnehin viel draußen sind, könnte man doch dazu übergehen, weitere Unterrichtseinheiten von der Schulbank weg in die Natur zu verlagern und dabei die Natur, den Wald und die Wiesen kreativ einzubinden, um Bewegung, Frischluft und Sonne in den Unterricht mit einfließen zu lassen. Bei schlechtem Wetter kann man immer noch in’s Schulgebäude ausweichen.
Gesellschaft- und Wirtschaftswissenschaften:
Ein weiterer wichtiger Komplex, der meiner schulischen Erfahrung nach mehr als unzureichend gelehrt wird, sind die Themen Gesellschaft und Wirtschaft. Mit Gesellschaft meine ich im weitesten Sinne Politik, Psychologie und Soziologie. Dabei sollte vor allem in den frühen Klassen nicht nur bloß das Gerüst des Parteiensystems wiedergekäut werden, sondern spielerisch und praktisch die Aushandlung gesellschaftlicher Fragestellungen gelehrt werden.
Mit Rollenspielen und in Gruppen können die Kinder lernen, gemeinschaftlich und im Dialog Fragen oder Problemstellung zu lösen. Wie werden Entscheidungen getroffen? Welche Probleme entstehen bei verschiedenen Meinungen? Wie kann man friedlich und vernünftig streiten? Was bedeutet Politik? Was ist Demokratie und welche andere Staatsformen gibt es daneben noch?
Den Kindern sollte außerdem ehrlich und grundlegend erklärt werden, was Geld ist, was es tun sollte und wie es heutzutage eigentlich genutzt wird. Mein Vorwurf geht dabei jedoch genau in Richtung derjenigen, die unsere Wirtschaft gestalten: sie sind es, die gar kein Interesse daran haben, dass die breite Gesellschaft versteht, wie Geld oder die Finanzwirtschaft funktioniert. Mit „sie“ sind die Großkapitalisten gemeint, deren Namen man ja heutzutage beispielsweise auf der Forbes-Liste finden kann. Wenn die Gesellschaft dies wirklich verstehen würde, dann würden gerade heute die Wenigsten ihr sauer verdientes Geld auf die Banken schleppen, wo sie heutzutage nicht mal mehr Zinsen darauf bekommen, sondern selbst in Wertpapiere investieren. Würden dies jedoch alle machen, würde unser System nicht funktionieren, wie es derzeit läuft (Stichwort „Bankrun„).
Neues Denken lässt neue Gesellschaften entstehen
Dies sind nur einzelne Ideen derer ich viele nennen könnte. Nicht nur ich allein habe solche Ideen: Auch ich wurde von vielen verschiedenen Inspirationen beeinflusst, die zum Teil schon lange der Vergangenheit angehören, teilweise aber auch heutzutage aktiv und produktiv Ideen vorlegen. Was dann konkret in den einzelnen gesellschaftlichen und produktiven Bereichen getan wird, das vermag ich nicht zu überschauen.
Ich kenne mich mit dem Denken, dem Lehren, Sprache und dem Kommunizieren aus, aber ich bin kein Wirtschaftswissenschaftler, Politiker oder Ingenieur. Ich bin mir jedoch sicher, dass eine künftige Generation, die mit einem neuartigen Bildungskonzept heranwächst, neuartige Ideen und Innovationen in allen Bereichen erzeugen würden, die den gegenwärtigen Verlauf unserer Entwicklungsgeschichte entscheidend verändern.
Eine Vision, die ich für notwendig erachte und die ich erwarte, wenn das eben kurz angedeutete Bildungskonzept verfolgt werden würde, wäre die Entstehung einer neuartigen Vernetzung.
Dabei sollte die Region und das Bewusstsein für die nähere Umgebung wieder in den Vordergrund treten. Ich spreche dabei nicht von Nationalstaaten oder Kulturräumen sondern von geographischer Nähe. Rohstoffproduktion, Warenherstellung und Vertrieb sollten wieder näher zusammenrücken, um Weitstreckentransporte zu minimieren. Kleine Betriebe und eine größere Vielfalt des kooperativen Wettbewerbs sollten gestärkt werden, in welchem sich das beste Produkt und nicht die beste Marktkapitalisierung durchsetzt.
Ich stelle mir die Welt dabei als großen Bienenstock vor, der aus sehr vielen kleinen Waben besteht, deren Grenzen dabei nur gewährleisten, dass einzelne Marktteilnehmer nicht unendlich wachsen können, sondern möglichst vielen die Möglichkeit gegeben wird, den soliden Mittelstand anzustreben, während die Oberschicht dünn gehalten wird. Recycelbare und natürliche Materialien, Solar- und Windenergie sollten dabei die zentralen Ressourcen sein, die ebenfalls in den vielen kleinen Zellen produziert werden, um die Verteilung zu vereinfachen.
Handel und Kommunikation kann und soll natürlich trotzdem zwischen den einzelnen „Waben“ sehr aktiv betrieben werden, weil natürlich nicht jedes Produkt überall hergestellt werden kann. Dies heißt dennoch, dass der und die Einzelne von dem Luxusgedanken wegkommen muss, überall jedes Produkt zu jeder Zeit erhalten zu können. Dies ist einer der zerstörerischen Gedanken, der den maßlosen Konsumwahn anfeuert. Man muss nicht den gesamten Winter über frische Tomaten aus den Niederlanden oder Avocados aus Neuseeland haben. Saisonale und regionale Landwirtschaft ist die einzige Form, die zukunftsfähig ist.
Kleinere Regionen und Verwaltungsbezirke würden auch wieder eine aktivere und effektivere Politik ermöglichen, da die Bürgerinnen und Bürger ihre Politiker in der Nachbarschaft haben und Entscheidungen nicht mehr weit weg von unbekannten Anzugträgern gefällt werden. Damit würden nachteilige Entscheidungen für Bürgerinnen und Bürger direkte Auswirkungen auf die Entscheidungsträger haben. Korruption und Hinterzimmerpolitik würden erschwert werden.
Der globale Ausgleich sollte nicht so aussehen, dass die Schwellenländer und die Entwicklungsländer denselben maßlosen Luxus wie die westliche Welt anstreben, sondern dass gerade die obszön reiche westliche Welt von ihrem überhöhten Ross absteigen und sich in Verzicht anstatt Konsum und in Nachhaltigkeit anstatt Zerstörung üben sollten. Länder wie China wenden derzeit enorme Naturressourcen auf, um dem Westen in Sachen Luxus und Lebensstandard gleichzukommen. Wir haben in der Vergangenheit ein schlechtes Beispiel abgeliefert und nun will der benachteiligte Teil der Erde diesem schlechten Beispiel nacheifern.
Zusammenfassung
Wie bereits mehrfach angeklungen, sind es also die Kinder, die die Welt von morgen in den Händen halten. Derzeit werden sie aus meiner Sicht jedoch nicht gestärkt, gebildet und zu kritischen Geistern erzogen, sondern verängstigt, traumatisiert und misshandelt. Angst, Isolation und blinder Gehorsam sind aus meiner Sicht genau die geistigen Eigenschaften, die allen äußerst ungesunden gesellschaftlichen Entwicklungen der Vergangenheit vorausgegangen sind. Welche Auswirkungen dies heutzutage haben wird, vermag ich mir nicht mal in düstersten Visionen auszumalen.
Es scheint also fast so, als wäre der Gesellschaft als Ganzes oder aber der wie immer gearteten Autorität wenig daran gelegen, die Kinder zu schützen und zu stärken. Es wird also eine ganze Generationen von obrigkeitshörigen, virenphobischen und denuntiatorischen Menschen herangezogen, die sehr weit weg von meiner oben beschriebenen Bildung aufwachsen werden. Es soll immer mehr auf den Nutzen der Technik anstatt auf Verbindung zur Natur gesetzt werden, die Kinder sollen nicht raus gehen, sondern zuhause vor den Bildschirmen unterrichtet werden. Für mich ist das eine katastrophale Entwicklung.
Wir rutschen also derzeit ruckartig noch tiefer in die Spirale hinein, die all die Jahre auf die Ausbeutung der globalen Rohstoffe, Verschmutzung der Erde, Kriege, gesellschaftliche Spaltung und unkontrolliertes Wachstum der Reichtümer einiger weniger und der Population der Welt hinauslief.
Wollen wir das wirklich?
Ganz im Ernst?
Ich glaube das nicht.
Aber der Kurs, wie wir ihn gerade diktiert bekommen, ist laut der Bundeskanzlerin Merkel ja alternativlos. Na gut, dann sage ich:
von Marco Lo Voi
Pingback: Ein Blick in die Welt der Wissenschaft: Was ist „Linguistik“? – Teil 1 – Exploring Roots