Von der Selbsterkenntnis zum Selbstvertrauen – Teil 3: Selbstvertrauen

„Selbst-Bewusstsein“ und „Selbstbewusstsein“

In Teil 2 dieser Beitragsreihe habe ich aufgezeigt, was unser „Selbst“ beziehungsweise unser „Ich“ eigentlich ist und welche Kraft darin liegt, sich dessen wahrem Charakter bewusst zu sein. Das „Selbst-Bewusstsein“ ist meiner Ansicht nach vom allgemein verwendeten Begriff „Selbstbewusstsein“ zu trennen. „Selbst-Bewusstsein“ bezeichnet das Bewusstsein um den konstruierten und subjektiven Charakter des eigenen „Selbst“, während „Selbstbewusstsein“ eine Form des Verhaltens bezeichnet, welche man auch als „Selbstvertrauen“ nennen könnte. Aus meiner Sicht haben viele Menschen eine gewisse Form von „Selbstbewusstsein“, die jedoch nicht unbedingt in dem wurzeln, was ich unter „Selbst-Bewusstsein“ verstehe, sondern das von äußeren Dingen wie „Berufen“, „Leistungen“, „Uniformen“ oder „Besitz“ abhängt. Fördern wir jedoch ein grundlegendes „Selbst-Bewusstsein“, dann können wir daraus ein „Selbstbewusstsein“ entwickeln, das frei von äußerlichen Abhängigkeiten ist, weil dieses neue „Selbstbewusstsein“ aus uns selbst heraus entsteht. Machen wir uns von diesen Abhängigkeiten frei, dann steht unser „Selbstbewusstsein“ nicht mehr auf gläsernen Pfosten, die jederzeit brechen können, sondern fußt auf geerdetem festem Grund.

Vom Kopf über das Herz in die Hand

In den ersten beiden Teilen dieser Beitragsreihe war der Inhalt sehr theoretischer Natur. Dieser abschließende Teil möchte sich mit der praktischen Umsetzung der bis zu dieser Stelle gewonnen Erkenntnisse befassen. In diesem Beitrag soll es um den Begriff „Selbstvertrauen“ gehen. Wer die beiden ersten Teile dieser Beitragsreihe noch nicht kennt, dem empfehle ich, diese beiden zunächst zu lesen und anschließend wieder zu diesem Beitrag zurückzukehren:

Zu Teil 1

Zu Teil 2

Mit diesem abschließenden Beitrag möchte ich zeigen, wie wir von dem bloßen Wissen („Kopf“), zur verinnerlichten Erkenntnis („Herz“) und damit zur tatsächlichen Umsetzung („Hand“) gelangen können. Haben wir für uns selbst ein Bewusstsein für das Wesen unseres Ichs erlangt, dann sollten wir mit fortlaufender Prüfung sicherstellen, dass wir dieses Wissen für uns persönlich zu einer Erkenntnis heranreifen lassen können. In anderen Beiträgen habe ich bereits mehrfach die alltäglichen Möglichkeiten erwähnt, unser Wissen zu prüfen. Da wäre beispielsweise die Situation, wenn euch ein Glas herunterfällt und es daraufhin zerbricht oder ihr ein Getränk auf eurem Arbeitstisch verschüttet. Dies sind zwar keine schönen Ereignisse, aber gute Gelegenheiten, um euch und eure Gefühle zu beobachten. Missgeschicke und Unfälle sind an der Tagesordnung und häufig nicht sehr tragisch, darum fällt es uns in diesen Situationen vergleichsweise leicht, unsere Gefühle nicht unkontrolliert unser Verhalten bestimmen zu lassen.

In buddhistischen Lehrreden und Geschichten werden häufig jedoch sehr drastische Situationen gezeichnet, in denen die Protagonisten auf die Probe gestellt werden. Beispielsweise werden Schülerinnen und Schüler des Buddhismus dazu aufgefordert, sich vorzustellen, heimzukommen und dabei zu entdecken, dass ihre Wohnung vollständig geplündert wurde. Sie sollen sich vorstellen, überfallen und bedroht zu werden. Sie sollen sich den Tod eines geliebten Mitmenschen oder gar ihr eigenes Ableben vorstellen. Das sind wirklich harte Prüfungen. Dies sind zwar extreme Situationen und Geschehnisse, aber keineswegs Dinge der Unmöglichkeit. Darum ist es umso wichtiger, sein Bewusstsein an Lappalien zu schärfen, um sich damit für den Umgang mit immer unschöneren und größeren Ereignisse vorzubereiten.

Haben wir die Notwendigkeit dieser Übung durch sich wiederholende schmerzhafte Erfahrungen erkannt, dann wird sich das Kopf-Wissen langsam aber sicher zu einer Erkenntnis im Herzen manifestieren. Im Deutschen sagt man auch, man handelt „aus dem Bauch heraus“ – vom Bauch zum Herzen ist es nicht sehr weit. Vielleicht meint dieser Spruch eben genau dies: handeln wir aus dem Bauch heraus, dann spricht aus dieser Handlung eine Erkenntnis. Oder aber es ist tatsächlich eine Instinkthandlung gemeint und damit das genaue Gegenteil davon. Schließlich werden wir immer geübter darin, unsere Gefühle von unseren Handlungen zu trennen, um die Gefühle nicht sofort zu Emotionen werden zu lassen. 

Gleichmut ist nicht Gleichgültigkeit

An dieser Stelle kommt immer wieder der Gedanke auf, es gehe darum, Gefühle zu ersticken und wegzuschieben. Das ist damit nicht gemeint. Im buddhistischen Vokabular wird darum „Gleichmut“ von „Gleichgültigkeit“ unterschieden. „Gleichgültigkeit“ meint genau dieses ungesunde Wegschieben und Ablehnen jeglicher Gefühle. Unser Gemüt erkaltet und äußere Geschehnisse prallen an einem Schutzpanzer ab. Es „gelten“ uns gute wie schlechte Erfahrungen alle „gleich“, sind sind alle gleich-gültig. Das ist mit den obigen Ausführungen nicht gemeint. Gefühle sind völlig natürlich uns sollten auch als solche, sprich als leidvolle und glückbringende Gefühle anerkannt und angenommen werden. Der Geist wird dabei gerne mit dem Meer verglichen: ist der Geist ruhig, so gleicht er einem klaren Meer bei Windstille.

So wie Gefühle zu unserem Geist gehören, gehören Wellen zum Meer. Ein Meer ist nie ohne Wellen. Bauen wir eine Schutzmauer aus Gleichgültigkeit in dieses Meer, wird sie irgendwann durch die immer währenden Wellen einbrechen. Stürzen wir uns ungeschützt in diese Wellen, lassen wir uns also von unseren Gefühlen völlig einnehmen, werden wir ohne Zweifel irgendwann untergehen. Gleiten wir jedoch wie ein gut gebautes Schiff aus Gleichmut stets mit den Wellen mit und kämpfen nicht gegen sie an, dann akzeptieren wir diese Wellen als Teil des Meeres. Aber auch dort gilt: lassen wir die Wellen immer höher und höher schlagen, dann sinkt auch dieses Schiff. Wir sollten also die Gefühle als solche anerkennen, müssen sie jedoch nicht aktiv füttern, indem wir gegen sie ankämpfen oder uns völlig von ihnen einnehmen lassen.

Wissen, Meinung und Überzeugungen

Wenn wir uns erneut in’s Gedächtnis rufen, dass sogar so etwas wie die Vorstellung von unserem „Selbst“, unsere eigene „Ich-Idee“ subjektiv und nicht allgemein gültig ist, dann ist es nur folgerichtig, unser Wissen, unsere Meinung und unsere Überzeugungen ebenfalls als niemals allgemein gültig zu betrachten. Daraus ergibt sich ganz natürlich eine Gesprächshaltung, die offen für jede weitere Interpretation einer Sache oder einer Situation ist. Selbst das, was wir vermeintlich als unser Wissen, also als Informationen über „objektive Wahrheiten“ bezeichnen, ist nur unsere subjektive Interpretation einer Erfahrung. Dies gilt für unsere eigenen Gedanken und Gefühle sowie für Beobachtungen im Außen – um mit Rudolph Steiner zu sprechen: sowohl Gedanken und Gefühle als auch Beobachtungen in der Welt sind als „Erfahrungen“ zu bezeichnen.

Wenn also bereits die Grundlage unserer Meinungsbildung, unser Wissen, schon subjektiv ist, dann ist es naheliegend, dass auch unsere Meinung und selbstverständlich unsere Überzeugungen subjektiver Natur sind und niemals für alle anderen genauso gelten können. All diese Grundlagen gelten zu jederzeit. In Diskussionen und Gesprächen streut ein reflektierter Mensch immer und immer wieder die Floskeln „meines Erachtens“, „meiner Meinung/Empfindung“ oder „meinem Gefühl nach“ ein, um genau diese „aus meiner Sicht“ selbstverständliche Grundlage als erkannt zu deklarieren. Als Mensch können wir jedoch gar nicht anders, als aus unserer kleinen Subjektivität heraus zu sprechen, wenngleich manche meinen, sie hätten die „eine“ Wahrheit erkannt.

Die innere Balance

Wenn wir all dies als erkannt annehmen, dann folgt daraus häufig die Schlussfolgerung, alles potentiell Wahre abzulehnen und jedwede Erkenntnismöglichkeit zu leugnen. Dies wird auch als „Nihilismus“ bezeichnet. Aus meiner Sicht ist eine nihilistische Grundhaltung jedoch nicht zwangsläufig das Ergebnis dieser Erkenntnis. Wenngleich ich die grundsätzliche Erkenntnis des Nihilismus teile, steht für mich die Frage nach dem „Zweck“ einer Erkenntnis, einer Meinung, einer Wahrheit oder einer Überzeugung über dessen „Inhalt“. Was heißt das?

Bevor ich eine Erkenntnis zu einer Wahrheit mache, die mein Weltbild prägt, frage ich mich selbst, welchen Zweck diese Erkenntnis erfüllt. Jetzt kann man einwenden, dass man mit dieser Begründung ja alles ausblenden könnte, was einem selbst unliebsam erscheint, um sich möglichst gut zu fühlen. Aber es ist nicht ausschließlich mein persönliches Ziel, mich immer so gut wie möglich zu fühlen. Darum verschließe ich meine Augen keineswegs vor unliebsamen Erkenntnissen, denn schließlich können wir ihrer niemals auf ewig entziehen. Ich selektiere allerdings sehr sorgfältig, welche Erfahrungen ich meinem Geist aussetze. Ein aktuelles Beispiel: Es ist aus meiner Sicht richtig, sich über das Sterbegeschehen eines Landes bewusst zu sein. Darum kann man durchaus Statistiken zu Todesfällen studieren und daraus gewisse Erkenntnisse ziehen. Worin besteht jedoch der Zweck, jeden Tag auf’s neue dieselbe Statistik zu studieren? Was fängt der oder die einzelne mit diesen Informationen an beziehungsweise was ist der Zweck dieser Information?

Während der Corona-Pandemie ist es doch das oberste Gebot, – zumindest habe ich das so verstanden – die allgemeine und im Speziellen die gesundheitliche Lage der Alten und Schwachen zu stärken und zu verbessern. Welchen Effekt hat jedoch eine tagtägliche flächendeckende Verängstigung einer breiten Bevölkerung? Gerade das ohnehin fragile Immunsysten alter Leute ist besonders anfällig für ungesunden Stress in jeder Form. Wenn sie zudem noch weniger Frischluft wegen einer Maske oder dem Eingesperrtsein in einem Pflegeheim oder beidem gleichzeitig abbekommen, wird das Stresslevel weiter erhöht und der natürliche Bedarf nach frischer Luft steigt. Wenn sie nun zudem von ihren Angehörigen isoliert werden und jeden Tag gesagt bekommen, dort draußen herrsche eine totbringende Seuche, dann senkt auch dies den bereits ungesund gehobenen Stresslevel nicht unbedingt. Das ist zumindest meine persönliche Schlussfolgerung.

Aus meiner Sicht wäre es sinnvoller, den Umstand einer Pandemie einmal festzustellen und dann wirklich alles dafür tun, um das Immunsystem nachhaltig zu stärken. Das schließt Freude, Lachen, Umgang mit – von mir aus auf freiwilliger Basis getesteten und eventuell mit Maske bewehrten – Angehörigen, Frischluft und Sport mit ein. Das Fortwährende Beobachten der Fallzahlen kann selbstverständlich weiterhin von geschulten Statistikern und Epidemiologen übernommen werden, die mit diesen Zahlen besser umgehen können. Menschen, die keine Ahnung vom gewöhnlichen saisonal abhängigen Sterbegeschehen haben, können diese Information schlicht nicht einordnen. Es mag makaber klingen, doch bin ich wirklich froh, dass meine geliebten Großeltern beinahe ihren gesamten Lebensabend im Kreise der Familie zubringen und bereits vor dem Ausbruch der Pandemie selig und menschwürdig aus dieser Welt scheiden konnten. Mir hätte es wohl innerlich das Herz zerrissen, wenn sie in ihren letzten Tagen niemand hätte umsorgend begleiten können.

Das heißt also, dass Todeszahlen studieren nicht prinzipiell falsch ist. Doch mit welchem Ziel und in welchem Umfang dies geschieht, sollte vom zugrundeliegenden Zweck abhängen. Während jedweder Auseinandersetzung mit einem Thema sollte also stets die innere Balance des Individuums im Auge behalten werden. Wenn es manche Menschen zu einer gesunden Vorsicht im Umgang mit ihren Mitmenschen mahnt, dann sind solche Statistiken für diese Menschen vielleicht hilfreich. Erzeugen sie jedoch bei anderen Menschen eine ungesunde Angst, die die Gesundheit nicht stärkt sondern schwächt, dann ist dies eindeutig der falsche Weg für eben jene Menschen.
Welchen Sinn haben „Gesundheitsstatistiken“, wenn sie uns nicht gesund machen?

Der Umgang mit unseren Mitmenschen

Aus dem obigen Abschnitt geht hervor, dass eine Sache, die für die eine vielleicht gut und heilsam ist, für den anderen eben schlecht und schädlich sein kann. Es ist also der oder die Einzelne, der oder die berücksichtigt werden sollte, keinesfalls kann eine universelle Wahrheit oder eine universelle Strategie auf alle Menschen angewendet werden. Darum muss auch nicht jede und jeder alles wissen geschweige denn alles glauben. Jede und jeder einzelne sollte sich fragen, wozu er oder sie dieses oder jenes Wissen, diese oder jene Erkenntnis annimmt. Wenn wir jedoch zugleich den Wunsch haben, in einer bestimmten Gemeinschaft zu leben und von dem Zusammenleben zu profitieren, dann muss man sich auf bestimmte „Spielregeln“ einigen, auch wenn dies die Freiheiten des Einzelnen vielleicht einschränken mögen.

Diese persönliche Einschränkung geht schließlich dann auf Freiwilligkeit zurück, wenn wir erkennen, dass wir ohne die anderen Menschen der Gesellschaft sehr vieles nicht tun und haben könnten. Ich nehme zudem ebenfalls an, dass die allermeisten durchaus die herrschenden gemeinschaftlichen Strukturen gerne nutzen möchte. Man möchte Zugang zu Strom, Wasser und Internet haben, man will einkaufen gehen und öffentliche Verkehrsmittel nutzen können. Man möchte vom Sozialstaat in Notlagen unterstützt werden und von den Ämtern verwaltet werden.

Darum sollte man sich bemühen, den Menschen, denen man im Alltag begegnet, mit Respekt gegenüberzutreten. Egal ob es der Bäcker, die Bankkauffrau, die Putzkraft, der Polizist, die Lehrerin oder der Politiker ist. Dabei sollte es auch egal sein, was die andere Person denkt oder sagt. Jede Wertung ist subjektiv und jede Meinung ist individuell. Wenn euch also jemand respektlos oder beleidigend begegnet, dann kann die andere Person es überhaupt gar nicht persönlich meinen, weil sie schließlich nur aus ihrer Sicht auf die Dinge sprechen kann. Erkennen wir also in unserem tagtäglichen Umgang die Möglichkeit, allen Menschen zunächst wohlwollend gegenüber zu treten, dann lernen wir, nicht jedes Wort sofort in die Waagschale zu werfen und nicht stets das Schlechte in dem Gesagten zu suchen.

Betrachtet man unter diesem Aspekt die Gender- oder die Rassismusdebatte, dann erscheint sie in völlig anderem Licht. Das heißt aber wiederum nicht, dass rassistische und abwertenden Aussagen nicht auch als solche vorkommen. Wenn uns daran gelegen ist, mit unseren Mitmenschen einen guten Umgang zu pflegen, dann achtet man darauf, was die andere Person stört oder beleidigt. Gleichzeitig sollte aber auch das persönliche Maß an Freiheit respektiert werden, das jeder und jedem durch die Menschenrechts-Charta und dem deutschen Grundgesetz gesichert sein sollte. Da wir all die Privilegien nutzen wollen, die ich oben aufgezählt habe, sollte es in unserem eigenen Sinne sein, einen guten Umgang mit jeder und jedem anzustreben. Damit meine ich jede und jeden.

Menschen - Sillhouetten

Jede und jeder ist Schüler und Lehrer

Der Umgang mit unseren Mitmenschen muss schließlich nicht einfach bei der Höflichkeit und der Toleranz verbleiben. Jeder Mensch hat in seinem Leben ganz individuelle Erfahrungen gemacht und daraus individuelle Fähigkeiten und Fertigkeiten erlangt. Es ist nicht falsch, wenn man für sich erkennt, dass man gut tanzen, gut singen, viele Sprachen oder sonstige Dinge gut kann. In diesen Dingen kann er oder sie womöglich anderen Menschen ein Lehrer sein. Darin sind kulturelle Erfahrungen mit eingeschlossen. Erfasst! Ich empfinde jeden Menschen aus einem anderen Land als potentielle Bereicherung einer bestehenden Gesellschaft.

Aber dafür muss sowohl die empfangende Gesellschaft als auch der neue Teilnehmer eine offene Haltung mitbringen. Diese offene Haltung ist das, was es bedeutet, Lehrer und Schüler zugleich zu sein. Niemand kann und weiß alles, deswegen sollte man in jeder und jedem eine potentielle Lehrerin oder einen potentiellen Lehrer sehen, von der oder dem wir etwas lernen können. Dies gilt für Menschen, die nach Deutschland kommen genauso, wie für Menschen, die von Deutschland in ein anderes Land reisen. Die Kulturen sind nicht alle gleich und sollen es auch nicht sein: Wo bliebe die Vielfalt? Wir sollten nicht an der Gleichmacherei des Menschen, mit großem Eifer jedoch an der Gleichwertigkeit aller Menschen arbeiten!

Spielende Familie

Selbstvertrauen erlangen

Wenn wir die verschiedenen Fäden, die bis zu diesem Punkt gesponnen wurden, zusammenführen, dann kann mit täglicher Übung daraus Selbstvertrauen werden. Es mag an manchen Stellen so klingen, als habe ich bereits alle diese Dinge gemeistert. Ganz bestimmt nicht, sonst wäre ich längst erleuchtet und würde im Nirvana schweben. Ich bin schließlich auch nur Mensch. Jedoch ein Mensch, der sich um eine stete Entwicklung bemüht, indem ich mich auch mit Meinungen und Weltbildern konfrontiere, die dem meinen so gar nicht entsprechen. Aber genau darin liegt die Quelle der Entwicklung! Erkennen wir, dass verletzende Worte eines anderen Menschen uns sowohl ins innerste Mark treffen, dieselben Worte an uns aber auch wenig Schaden anrichten können, dann verstehen wir, dass der oder diejenige, der oder die darüber entscheidet, immer noch wir selbst sind.

Ein persönliches Beispiel: liest man ältere Texte aus meiner Feder, wird man erkennen, dass ich nur spärlich bis gar nicht darauf achtete, sowohl männliche als auch weibliche Formen in meinen Texten zu berücksichtigen. Heutzutage nennen wir das „Gendern“, auch wenn ich persönlich diesen bereits hochgradig politisierten Begriff nicht gerne verwenden. Der Umgang mit Menschen, die sich mit den Themen Feminismus und Gendergerechtigkeit beschäftigten, hat mich erkennen lassen, dass es auch sinnvoll und ein Zeichen des Respekts ist, das Weibliche in die Sprache einfließen zu lassen. Allerdings widerspricht es meinem sprachästhetischen und orthographischen Verständnis, Sonderzeichen oder Großbuchstaben in Nomen einzubinden, weshalb ich es mir zu einer kreativ-literarischen Herausforderung gemacht habe, möglichst vielfältige Wege der Gleichwertigkeit in meine Texte einfließen zu lassen.

Das Thema „gendergerechte Sprache“ wird vielleicht irgendwann noch in einem gesonderten Beitrag behandelt und soll an dieser Stelle nicht weiter vertieft werden. Die Quintessenz dieser Aussage ist folgende: obwohl ich nicht dem vollen Umfang und auch nicht unbedingt dem zugrundeliegenden Weltbild dieser Personen zustimme, habe ich erkannt, dass ich in diesem Teilaspekt zum Schüler wurde und von ihnen gelernt habe. Dies ist natürlich nicht die einzige Sache, die ich lernen durfte, spiegelt aber die derzeit wieder aufkochende gesellschaftliche Debatte um Geschlechtergerechtigkeit wieder.

Für einige kommt es einer Beleidigung gleich, wenn man ihnen vorwirft, ihre Sprache sei abwertend oder gar rassistisch. Da Sprache und Identität untrennbar miteinander verwoben sind, sagt man der Person im Prinzip, sie selbst sei eine abwertende und rassistische Person. Aus diesem Grund eskalieren Diskussion über Sprachgerechtigkeit sehr schnell. Wenn man darüber hinaus noch aus den Augen verliert, dass Worte an sich keine Bedeutung haben, sondern ihnen nur Bedeutung zugeschrieben wird, dann sind Missverständnisse und Streits vorprogrammiert, Konsens und Annäherung jedoch rücken in weite Ferne.

Wenn man nun allerdings einen gewissen Grad an Selbstvertrauen erlangt hat, dann empfindet man diesen „Vorwurf“ nicht sofort als persönlichen Angriff. Wenn die andere Gesprächspartei „Selbst-Bewusstsein“ verinnerlicht hat, dann würde diese Aussage erst gar nicht entstehen, weil sie um die Subjektivität ihrer Meinung wüsste. Dennoch kann diese Debatte geführt werden. Allerdings sollte auch hier aus meiner Sicht stets der Zweck über dem Inhalt stehen. Ist die andere Gesprächspartei nicht willens oder nicht in der Lage, die eigene Haltung und Meinung verstehen zu wollen, dann ist die Diskussion von vornherein zum Scheitern verurteilt. Geht es einem jedoch selbst nur darum, der anderen Partei zu zeigen, dass man selbst diese und jene Meinung vertritt und die andere Meinung schlecht findet, dann kann man natürlich trotzdem diskutieren, wobei dieser Dialog dann eher zu einem zweistimmigen Monolog wird.

Bäume

Und die Moral von der Geschicht‘?

Persönliches Selbstvertrauen kann also nur aus einem Dialog entstehen. Um einen Dialog zu führen, muss man anderen Menschen begegnen. Die Begegnung sollte von Respekt und gegenseitiger Achtung geprägt sein. Will man sich selbst weiterentwickeln, sollte man erkennen, dass man immer Schüler UND Lehrer bzw. Schülerin UND Lehrerin zugleich ist. Eine Belehrung wird als Ratschlag erkannt, weil man aus Selbst-Bewusstsein Selbstbewusst entwickelt hat, was die Subjektivität der Belehrung offenbart. Ob man diese nun zu seinem eigenen Wohl oder Leid annimmt oder ablehnt, ist die eigene Entscheidung. Wenn man sich jedoch immer beleidigt fühlt, sobald man den Lehrer im anderen sieht, dann heißt dies doch, dass man selbst immer nur Lehrerin sein möchte. Dies führt jedoch unweigerlich zu leeren Klassenzimmern, wenn jeder nur Lehrer sein möchte.

Sämtliche Worte hier sind also Ratschlag, der so gut abgelehnt wie beherzigt werden kann. Es liegt einzig bei dir.

Um mein Lieblingswerk, die Unendliche Geschichte, zu zitieren:

TU WAS DU WILLST

Entdecke dein eigenes Selbstvertrauen, mit der du selbst entscheiden lernst, was deiner persönlichen Entwicklung förderlich ist!


von Marco Lo Voi

2 Gedanken zu “Von der Selbsterkenntnis zum Selbstvertrauen – Teil 3: Selbstvertrauen

  1. Pingback: Von der Selbsterkenntnis zum Selbstvertrauen – Teil 2: Selbstbewusstsein | Exploring Roots

  2. Pingback: Die Quelle der Glückseligkeit | Exploring Roots

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit Deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Twitter-Bild

Du kommentierst mit Deinem Twitter-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit Deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s