Die inneren Ketten sprengen – Erfahrungsbericht zum Wim-Hof Workshop im Allgäu

Tag 1 – Eisgekühlter Bommerlunder

Mit verbundenen Augen grabbelte ich in den Eiswürfeln nach dem mir unbekannten Suchobjekt. Als meine eiskalten Finger die kleine Plastikbox erfühlten, griff ich beherzt zu und zog eine mit reichlich Bargeld gefüllte kleine Tupperdose aus dem Eimer. Ich verlas vor versammelter Mannschaft die an mich gerichtete Aufforderung, meine bescheidene Praxis der Wim-Hof-Methode auf die nächste Ebene zu heben, indem ich mithilfe des Geldes einen offiziellen Workshop besuchen solle, der regelmäßig im Allgäu angeboten werde.

Rund 5 Monate später befand ich mich dann auf dem Weg in Richtung Bodensee. Bei Bregenz schlug ich meine Zelte auf, wo mich meine Tante netterweise im Elternhaus meiner Mutter einquartierte. Nach einem knappen Kaffeekränzchen machte ich mich gegen 16:30 Uhr auf den Weg zur letzten Etappe. Der Veranstaltungsort für den zweitägigen Wim-Hof-Workshop war das idyllisch gelegene Sonthofen, nahe des im Voralpenpanorama eingebetteten Alpsees. Hoch oben war noch vereinzelt Schnee auszumachen, während auf den Wiesen des Allgäus nur noch mattgrünes Gras die Hügel säumte. Die Luft war jedoch immer noch erfrischend kühl.

Nach rund einer Stunde Autofahrt erreichte ich das Ziel. Meine Yogamatte unter den Arm geklemmt, meinen Rucksack über die Schultern geworfen und los. Auf den letzten Gehminuten traf ich einen anderen Ankömmling, den ich an seinem Gesichtsausdruck, der irgendwo zwischen „Was mache ich eigentlich hier?“, „Wie bin ich hier hineingeraten?“ und „Was zur Hölle wird gleich geschehen?“ hin und her pendelte, und natürlich an der obligatorischen Yoga-Matte sogleich als einen weiteren Teilnehmer erkannte. Wir grüßten uns und ein kurzes Gespräch enthüllte, dass er vor knapp zwei Tagen von seiner Ehefrau darüber informiert wurde, was dieses Wochenende für ihn bereithalten werde. Ein waschechter Grünschnabel. Dagegen fühlte ich mich gleich wie ein erfahrener Seebär.

Im Outdoorzentrum erwarteten uns bereits Michael und seine Frau Rachel, die uns mit einer Umarmung empfingen. Beide sind offiziell zertifizierte Wim-Hof-Instruktoren, die entsprechend geschult und geprüft sind. Es waren zudem schon eine Handvoll Teilnehmerinnen und Teilnehmer anwesend. Der Raum war mit Teppichen, Kerzen und einem flackernden Feuerchen im Schwedenofen sehr gemütlich eingerichtet und lud mich direkt dazu ein, meine Schuhe und Socken auszuziehen. Tee, Essen und eine Kaffeemaschine standen bereit und wir, die ersten Teilnehmer, standen und saßen etwas erwartungsvoll angespannt und recht still herum.

Es waren noch nicht ganz alle anwesend, aber Michael eröffneten dennoch die Runde mit einem kleinen Eisbrecher-Spielchen, bei dem er ein paar Fragen stellte, die wir mit „Ja“ oder „Nein“ beantworteten, indem wir in den Kreis traten, um ein „Ja“ auszudrücken, und für „Nein“ einfach stillstanden. Anschließend setzten wir uns, sagten reihum einige Sätze zur eigenen Person und unseren Erfahrungen rund um die Wim-Hof-Methodik. Wir waren insgesamt ungefähr 13 Teilnehmer mit einem ziemlich ausgeglichenen Geschlechterverhältnis. Das Durchschnittsalter lag irgendwo bei Mitte bis Ende 30.

Als erste Tagesherausforderung begaben wir uns gegen 20 Uhr nach draußen, wo die Sterne uns bereits erwarteten. Mit Fackel und Trommel geleitete Michael uns zum nahegelegenen Fluss, der das Schmelzwasser der Berge durch das Allgäu befördert. Zwei waren bereits mit Badehose und Handtuch bewaffnet, während andere sich vorsichtiger herantasteten und nur Barfuß oder im T-Shirt hinausgingen. Viele packten sich jedoch gut ein, denn die Luft war recht kühl. Auf dem Hinweg streute Michael bereits ein paar Tipps zum Thema Umgang mit Kälte ein. Ein wichtiges Element ist neben einer entspannten Körperhaltung dabei der Gesang. Mit stoischem Gleichmut und im Takt mit seiner Trommel schlagend stimmte Michael „Eisgekühlter Bommerlunder“ an, was die meisten von uns sichtlich irritierte und mich sehr amüsierte. Mit sehr verhaltenem Gesangsvolumen trotteten wir im Dunkeln in Richtung Fluss.

Am Ufer zeigte uns Michael den Pferdestand, der den inneren Krieger aktivieren soll und so sangen und stampften wir im Takt, um die Wärmekraftwerke „Oberschenkel“ und die „Interkostalmuskeln“, also die Zwischenrippenmuskeln, zu aktivieren, die innere Wärme erzeugen. Schließlich begaben wir uns barfuß ins eiskalte Nass. Ein stechender, beißender Schmerz durchdrang die Sohlen bis in die Kniekehlen. Wir wurden dazu angehalten, den Geist auf den Atem oder auf die Umgebungsgeräusche zu lenken. Anschließend tauchten wir auch die Hände ins Fließwasser. Die zwei Badenixen plantschen im Hintergrund.

Als wir auf dem Rückweg Richtung Abendessen stelzbeinig in Richtung Wärme tapsten, fühlten sich die Fußsohlen an, als wären sie geschwollen, ja aufgeblasen. Dieses seltsam taube Gefühl wich irgendwann einem Kribbeln, dass sich dann nach und nach wieder normalisierte. Nach dem Abendessen verabschiedeten sich die meisten recht zügig, da es am nächsten Morgen um 10 Uhr mit dem intensiven Samstag weitergehen würde. Und ja, er würde intensiver werden, als die meisten von uns zu diesem Zeitpunkt ahnten.

Tag 2 – Lieder von Eis und Feuer

Ich schlief trotz der Aufregung relativ ruhig. Was würde der nächste Tag bringen? Ein Umstand, mit dem einige Teilnehmer wirklich zu kämpfen hatten, war die Tatsache, dass wir keinen festen Ablaufplan erhalten hatten, sondern lediglich einzelne Tagesprogrammpunkte angegeben wurden. Ich dachte ehrlich gesagt keine Sekunde darüber nach. An diesem Tag war ebenfalls eine Journalistin mit ihrer Kamerafrau anwesend, die den Workshop-Tag begleiten und in einem Selbstversuch ebenfalls teilnehmen würde. Als ich die Räumlichkeiten betrat, waren einige bereits anwesend. Wir begannen den Tag mit ein wenig Theorie zur Wim-Hof-Methode.

Dabei wurden die vier Säulen des Konzepts knapp erläutert und die vielen positiven Auswirkungen auf Körper und Geist kurz zusammengefasst. Allerdings hielt sich Michael nicht sehr lange mit theoretischen Monologen auf, sondern startete direkt die erste angeleitete Atem-Session. Ich habe bereits in einem anderen Beitrag über die Kraft des Atems gesprochen, hatte zudem wohl mehr Erfahrung als die meisten anderen Teilnehmer in dieser Disziplin, aber dennoch war die von den beiden Instruktoren begleitete Atem-Session etwas Besonderes.

Rund 40 Minuten dauerte die Reise insgesamt. Wir legten uns jeder für sich flach auf seiner Yoga-Matte auf den Rücken. Die gesamte Atemübung wurde musikalisch begleitet. Beide Instruktoren liefen unentwegt zwischen den Teilnehmern hin und her, gaben Rhythmus und Atemzyklus vor, begleiteten die einzelnen Abschnitte mit Gitarre, Trommel und Musik aus dem Lautsprecher und führten uns somit durch diese aus mehreren Runden bestehende Atemübung. Die Atmung ist recht simpel. Der Körper wird in drei Teile unterteilt: Bauch, Brust und Kopf. Jeder Atemzug beginnt mit der Bauchatmung, geht über in die Brustatmung und füllt schließlich die Lunge bis in die Spitzen, indem man sich vorstellt, man würde „in den Kopf und darüber hinaus“ atmen. Ist die Lunge vollständig gefüllt, entspannt man sich und lässt so den Überdruck aus dem Körper entweichen, während man zu zwei Dritteln ausatmet.

Jede Runde besteht aus 30 bis 60 Atemzügen und mehr, je nach dem. Jede Session besteht 3-5 Runden, die von unterschiedlichen langen Atempausen bei entleerter Lunge (Breath retention) getrennt werden. Diese Pausen können von 30 bis 190 Sekunden und länger sein. Wie lange die einzelnen Runden gingen, wie viel wir atmeten und wie lange die Pausen sich erstreckten, kann ich nicht sagen, da das Gefühl für Zeit und Raum bei dieser Form der Geist-Körper-Arbeit aussetzen kann und auch soll, um die inneren Ketten der Kontrolle zu sprengen und alles loszulassen, was da eben ist.

Nach einer solchen Session folgt meist eine Phase der Ruhe und Einkehr, in der jeder und jede nach seiner Zeit wieder seine Erdung aufnehmen kann. Schließlich ging es zum gemeinsamen Frühstück. Kurz darauf packten wir uns auch schon zusammen, um zum ersten Eisbad aufzubrechen. In Gruppen fuhren wir mit Autos ungefähr 10 Minuten zu einer nahegelegenen Gondelstation. Von dort aus ging es rund 20 Minuten Fußmarsch bis zur Badestelle, eine Gumpe am Ende einer schmalen Schlucht, in der sich Schmelzwasser in einem kleinen Becken sammelte. Geschätzte Wassertemperatur: 4-6°C.

In 3er- und 4-er Gruppen ging es Hand in Hand ins kalte Nass – Zielzeit: 2 Minuten. Mit der Journalistin an der Hand tapsten ich und zwei weitere Teilnehmer als Nachzügler ins flüssige Eis. Die Mitarbeiterin der GEZ-Medien wollte schon fast wieder aus dem Wasser springen, weil das Wasser wirklich eisig war, aber wir schafften es, sie zu beruhigen. Die ersten 30 Sekunden, wenn die Kälte deinen Körper umhüllt, sind die intensivsten. Alle Alarmglocken springen an. Das Adrenalin rauscht. Das Blut flüchtet in die Körpermitte. Der Geist leert sich. In diese Leere kann man hineinfallen und sich verlieren oder wiederfinden. Um die Leere nicht mit Panik sondern mit Ruhe zu füllen, stimmte ich nach wenigen Sekunden ein „Om“ an, das nach einigen Sekunden von allen aufgenommen wurde. So schwingten wir uns ein und konnten alle gemeinsam die erste Herausforderung im Eis meistern:

Der Körper ist steif, die Schritte wacklig, der Geist leer und das Bewusstsein weit. Kurz, nachdem man das Wasser verlässt, kribbeln Arme und Beine und man fühlt sich wie neugeboren, wild und frei. Es wurde gejubelt, getrommelt und gebrüllt. Der Körper fühlt sich heiß an, die Kälte strömt von innen nach außen. Wir übten uns im Pferdestand und Höhlenmenschengegröle. Danach erst kommt die Kälte. Schritt für Schritt legt man warme Kleidung an und während sich das kalte und das warme Blut mischen, werden die Gliedmaßen langsam wieder versorgt. Es kehrte selige Ruhe mit der Kälte ein. In ruhiger Eintracht gingen wir denselben Weg wieder Richtung Gondelstation zurück.

Unser Weg führte sich auf der jenseitigen Seite am Parkplatz vorbei. Nach einigen hundert Metern erreichten wir einen Hof mit vielen Blumenbeeten. Dort empfing uns die sympathische Besitzerin des Hofes, die sich kurzzeitig unserer Gruppe anschloss. Michael führte uns auf einen Hügel, der direkt am Hof lag, auf eine kleine Kuppe, wo eine Feuerstelle und ein aus Haselnussästen gebautes Rund auf uns wartete.

Dabei handelte es sich um die große Überraschung des Wochenendes: Ein Schwitzhüttenritual – in Mexiko und manchen Ländern Südamerikas auch „Temazcal“ genannt. Damit erfüllte sich für mich ein weiterer lange gehegter Traum, seitdem ich das erste Mal vor über 10 Jahren in einer Dokumentation davon erfahren hatte. Bei diesem Ritual gibt es verschiedenste Ausformungen und sich im Ablauf im Detail unterscheidende zeremonielle Durchführungen. Im Zentrum steht jedoch immer das Naturdampfbad, das durch heiße Steine und verschiedenste Aufgüsse erhitzt wird.

Traditionell wird ein Temazcal in einer Art Lehmiglu durchgeführt. Man kann einen ähnlichen Effekt jedoch mit einem Gerüst aus Ästen und dicken, übereinandergeschichteten Wolldecken erzielen. Wichtig ist, dass der Innenraum genügend Platz für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bietet, um sich aufrecht hinsetzen zu können und dennoch genügend Abstand zu den heißen Steinen zu haben. Außerdem muss die Hütte so konstruiert sein, dass sie möglichst dicht und vollkommen abgedunkelt ist. Zunächst galt es jedoch, die Vorbereitungen dafür zu treffen.

Wir sortierten die Granitsteine, schichteten Holz für ein großes Feuer auf und belegten das Gerüst mit Wolldecken. Das Kamerateam verabschiedete sich an dieser Stelle von uns. Anschließend eröffneten wir den Zeremoniekreis mit einem dreifachen „Om“.  Danach platzierten wir die Steine auf dem Feuerholz, von denen jeder einzelne mit Wünschen gesegnet wurde. Wir entzündeten das Feuer und hatten anschließend rund eine Stunde Zeit, um etwas zu entspannen uns zu unterhalten oder weitere Vorbereitungen zu treffen.

Als das Feuer fast heruntergebrannt war, stimmten wir uns mit einer anregenden Atem-Session ein. Bevor es in die Hütte ging, hatten wir eine zuvor eine mentale Feuerprobe zu absolvieren. Reihum sollte jeder von uns eine improvisierte Strophe vorsingen, zwischen denen wir gemeinsam einen Refrain sangen. Dabei fiel bei mir eine weitere innere Kette. Zur Belohnung verpassten wir unseren Nachbarn mit der Asche des Feuers eine Kriegsbemalung. Schließlich wurden zunächst die Frauen linksseitig in die Hütte eingelassen. Am Schluss durften die Männer die Hütte rechtsseitig betreten. Rachel führte die Zeremonie, während Michael das Feuer hütete und die Steine mit einer Heugabel einen nach dem anderen in die Hütte trug.

Jeder Schritt, jede Handlung, jeder Satz, der nun folgte, hatte eine große symbolische Bedeutung. Die Zeremonie war in Runden eingeteilt, zwischen denen die Hütte kurz geöffnet wurde, um neue Steine in der Hütte mit einem Lied „zu begrüßen“. Ansonsten war die Hütte geschlossen und völlig abgedunkelt. Man sah nicht einmal die eigene Hand vor Augen. Jede Runde war einem der vier Element gewidmet. Für jedes Element gab es ein Thema, jedes Thema hatte sein eigenes Lied und jede Runde wurde durch unterschiedliche freiwillige Beiträge der Teilnehmer bereichert.

Für mich persönlich war dies das herausragendste Erlebnis des Workshops, da ich eine tiefgehende spirituelle Erfahrung machte, die nur schwer in Worte zu fassen ist. Ich bin mir zudem sicher, dass jede und jeder diese Zeremonie sehr, sehr unterschiedlich wahrgenommen hat und viele unterschiedliche Erfahrungen in ein und demselben Raum gemacht wurden, da das ganze Zeremoniell eine Reise ins Innere des eigenen Selbst war. Zeitweise vollkommener Verlust von Raum und Zeitgefühl können dabei auftreten, weshalb niemand so genau weiß, wie lange wir tatsächlich in dieser Hütte waren. Ich könnte vieles zu meinen Erfahrungen schreiben, doch sind diese Erfahrungen so urindividuell, dass jede und jeder nur annähernd verstehen kann, was dies alles bedeutet, wenn man einmal Teil eines solchen Kreises war.

Wir hatten unglaubliches Glück mit dem Wetter, denn als wir die Hütte völlig gelöst, gereinigt und nass verließen, erwartete uns ein noch schönerer Sternenhimmel als zuvor. In gemeinsamer Anstrengung räumten wir alle Sachen zusammen und gingen schließlich zum Abendessen über. Damit endete dieser unglaublich ereignisreiche Samstag.

Tag 3 – Das Ende eines Anfangs

Wie mir Rachel mit bedeutungsschwangerem Blick noch am Abend prophezeit hatte, waren meine Träume sehr lebhaft und symbolisch. Trotzdem wachte ich erholt auf. Pünktlich um kurz vor 10 Uhr begann der letzte Abschnitt dieser kurzen, aber intensiven Reise. Wir starteten mit einigen Lockerungsübungen für den Körper im Stehen. Dann gingen wir in die Bewegung über und sollten den Raum mit unserem Körper erkunden und uns dabei frei bewegen, alles begleitet von passender Musik. Dann sollten wir mit den anderen Teilnehmern in Kontakt treten, in dem wir uns mit Füßen, Fingern und Umarmungen begrüßten. Schließlich gingen wir zu Begegnungsübungen über, in denen wir uns immer zu zweit unverwandt in die Augen blicken und uns dabei die andere Person in verschiedenen Situationen vorstellen sollten.

Nachdem wir uns auf diese Weise erneut gegenüber uns selbst und anderen geöffnet hatten, stand die nächste große Atemsession an, die dieses Mal etwas anders war. Dieses Mal handelte es sich um eine fortgeschrittene Variante der Atemübung, bei der durchgehend tief geatmet wurde, meist in freiem Rhythmus, manchmal in angeleitetem Takt, immer wieder über die Musik durch einen dynamischen Verlauf begleitet, über mindestens 45 Minuten hinweg.

Die zurückliegenden Stunden hatten einige unserer inneren Tore gelockert und mancherlei Ketten gesprengt, sodass bei dieser Form der Atemarbeit alle möglichen körperlichen, aber vor allem geistige Regungen hervorgerufen werden können. Es flossen Tränen, es krampften Glieder, es erschienen Bilder aus Vergangenheit und Zukunft und es wurden sogar einzelne bewusste oder unterbewusste innere Konflikte gelöst. Für viele war dies die erste Erfahrung dieser Form. Ich hatte bereits ein wenig Vorerfahrung mit dieser Art der Atmung, aber nichtsdestotrotz ist dies stets eine intensive und einzigartige Geisteswanderung, bei der man nie weiß, was einen erwartet. Für manche begann an dieser Stelle erst die Reise ins Innere wirklich.

Nach dieser langen und superintensiven Atemübung gingen wir zum Frühstück über. Während des Frühstücks erzählte uns Michael noch ein paar Dinge und schließlich beschlossen wir das Wochenende mit einer großen Runde, bei der jeder seine Gedanken zum Wochenende teilen konnte, die er oder sie teilen wollte. Es war erstaunlich, wie unterschiedlich die einzelnen herausragenden Momente des kurzen Wochenendes für jeden einzelnen gelagert waren. Worüber ich teilweise keinen Gedanken verschwendete, war für andere mitunter die größte Hürde. Andere Dinge, die für mich große Bedeutung hatten, waren für andere eher nicht der Rede wert.

Dies war der letzte Tagesordnungspunkt im Outdoor-Zentrum Sonthofen. Mit gepackten Taschen ging es dann zum zweiten Eisbad bei den Hinanger Wasserfällen. Nach einer kurzen Autofahrt und einem kleinen Marsch über Brücken und Pfade zwischen malerischen Felsformationen entlang eines kleinen Flüsschens, hielten wir an einem Wasserfall, der in ein Becken floss, das über eine natürliche Steintreppe gut begehbar war. Hier würde die zweite Eisbade-Herausforderung auf uns warten.

Von den touristischen Augen unbeeindruckt, warfen wir uns entschlossen in unsere Badekleidung. Als die Mannschaft luftig bekleidet vor dem kalten Nass stand und die kühle Brise der rauschenden Flut unsere Körper umspielte, stimmte irgendwer den Höhlenmenschenchor und -tanz an, den Michael mit seiner Trommel begleitete. Wir ließen unsere Stimmen im engen Tal erschallen, bis wir unter Brusttrommeln und mit gefletschten Zähnen im Entenmarsch die Steintreppe hinunterstiegen und ohne Zögern, Zettern und Zaudern in die rauschenden, eiskalten Wasser eintauchten.

Es ging einmal um den Wasserfall herum und für mich direkt wieder raus, da für die richtigen Hitzköpfe noch die Option bestand, mit einem Sprung direkt in das kleine Wasserfallbecken einzutauchen. Natürlich durfte ich mir diese Herausforderung nicht entgehen lassen. Die Gedanken sind still, der Körper bewegt sich zielgerichtet, die Haut brennt, der Kopf glüht, du tauchst unter, das Vergessen und Erinnern umhüllt dich.

Rote Körper, schallende Stimmen, der Höhlenmenschentanz wird zelebriert, bei manchen fallen die letzten inneren Ketten und die Natur spricht aus dir! Hu! Ha!

Am Parkplatz erfolgte der Abschied.

Was bleibt?

Noch am selben Tag erzählte ich mindestens dreimal drei verschiedenen Leuten die gesamten Ereignisse. Seltsamerweise verschwimmen nun, da ich dies niederschreibe, die einzelnen Programmpunkte ineinander und mir fällt es schwer, den exakten Ablauf zu rekonstruieren –  zu viel war geschehen. Für etwaige Unstimmigkeiten übernehme ich keine Haftung. Nach eben jenem zweiten Eisbad fühlte es sich so an, als würde die Reise erst richtig beginnen und dann hieß es aber bereits Abschied nehmen.

Was bleibt von diesem Workshop? Definitiv eine Menge Motivation. Seit nunmehr knapp einem Monat war ich zwei bis drei Mal pro Woche in der Natur im kalten Wasser. Ob See oder Fluss, es zog mich förmlich in Richtung Wasser. Dabei schraubte ich stets meine Ausdauer im Kalten etwas hoch. Der Effekt? Unglaubliche Energie, ein noch höherer Tatendrang, höheres Glücksempfinden und eine unerschütterliche Gesundheit.

Außerdem möchte ich baldestmöglich an einem weiteren Schwitzhüttenritual teilnehmen und mich noch mehr in Richtung spiritistischer Traditionen ausrichten. Mein favorisiertes philosophisches Programm des Pantheismus wird durch die Verbindung zu den Elementen wunderbar ergänzt und erweitert mein Spektrum der Geistarbeit vom universell-abstrakt-geistigen zum materiell-energetisch-harmonisierenden. Was dies bedeutet, wird vielleicht Teil eines kommenden Beitrags sein. Für meine Suche nach einem universellen, ganzheitlichen Konzept der Arbeit mit Geist und Körper hat dieser Workshop jedoch einen wertvollen Beitrag geleistet. Wer Interesse an diesen Workshops hat, der sei auf die Homepages von Rachel und Michael, den beiden Instruktoren, verwiesen.

Michael Nuss

Rachel Babaganov

Ich sage vielen Dank für diese Erfahrung!

von Marco Lo Voi

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