Indras Netz der Juwelen: Über die Verbundenheit der Phänomene

Das Blick-Experiment

Vor wenigen Tagen haben Freunde und ich gemeinsam ein Experiment durchgeführt. An jenem Abend begrüßten wir in unserer WG gemeinsam den Frühling mit einer kleinen Party. Nach einer besinnlichen Zeremonie am Feuer, verlagerte sich das Fest nach drinnen und es wurde ausgelassen getanzt und musiziert. Um etwas Kraft zu schöpfen, hat sich die schließlich etwas zusammengeschrumpfte Gesellschaft auf einen großen Teppich niedergelassen. Von der Abendgesellschaft waren bis auf fünf Personen alle inzwischen im Bett. Die Stimmung war entspannt. Unter den Anwesenden kannten sich vier von fünf Personen sehr gut, während die fünfte Person ein neuer Gast im Kreise war. Als wir so dasaßen, kam eine meiner Mitbewohnerinnen auf die Idee zu eben jenem Experiment. Dieses Experiment war also weder geplant noch in irgendeiner Form kontrolliert. Alle Anwesenden waren zugleich Versuchsperson, Protokollant und Versuchsleitung.

Der Experimentaufbau war recht simpel: Wir saßen in einem Sitzkreis auf einem Teppich. Eine Person wurde gemeinsam öffentlich bestimmt. Diese Person wurde zur Versuchsperson A erklärt. Versuchsperson A schloss dann die Augen. Mit Blicken sollten dann die übrigen Personen eine zweite Versuchsperson bestimmen, die Versuchsperson A sehr deutlich anblickt, geradezu anstarrt und sich dabei voll auf diese konzentriert – nennen wir sie Versuchsperson B. Die übrigen Anwesenden sollten dann ebenfalls ihre Augen schließen und ihre Aufmerksamkeit voll auf sich oder auf ein anderes Objekt im Raum richten. Wichtig war dabei, weder Versuchsperson A noch Versuchsperson B anzublicken noch Aufmerksamkeit auf eine der beiden zu lenken.

An jenem Abend war ich die erste Versuchsperson A. Wer Versuchsperson B war, weiß ich schon gar nicht mehr. Jedenfalls schloss ich die Augen und versuchte meine energetischen Fühler in den Raum auszustrecken. Alle Anwesenden ließen sich vollständig auf das Experiment ein und waren voll konzentriert. Mir wurde nach einer gewissen Zeit signalisiert, dass die Entscheidung über Versuchsperson B gefallen war. Dann kehrte, bis auf die Tanzmusik, die ständig im Hintergrund lief, Stille ein.

Raum, Kraft und Verbindungen

Es war zunächst sehr aufregend, als Erster dran zu sein. Obwohl es ein Experiment mit ungewissem Ausgang war, war ich seltsamerweise voll Gewissheit über den Erfolg. Dennoch verspürte ich in den ersten Sekunden den altbekannten Erwartungsdruck, der aber alleinig von innen und nur von mir selbst kam. Die Muster des Erfolgsdrucks waren kurz sehr dominant, dann habe ich diesen Druck jedoch losgelassen, die Gedanken, Gedanken sein lassen und einfach gespürt. Ich versuchte keine Bilder in den Raum zu projizieren, sondern allein die Energie der Aufmerksamkeit mit einem nicht benennbaren Sinn zu erfühlen. Wie lange diese Konzentrationsphase andauerte, fällt mir schwer zu sagen. Doch dann spürte ich es sehr deutlich. Welchen Begriff ich für dieses „Es“ nun bemühe, ist an sich irrelevant, da bei solchen Dingen jeder Mensch für sich eine Antwort für das Unbenennbare findet. Vor längerer Zeit habe ich für mich jedoch den Begriff „Kraft“ gewählt. Ich erhöhte also meine eigene „innere Kraft“ durch Konzentration auf das „Jetzt“ und strahlte sie in den Raum. Plötzlich spürte ich, wie eine Kraft aus dem Raum mich wiederum anstrahlte. Als sich die „Arme“ der Kräfte berührten und eine Verbindung entstand, hatte ich Gewissheit und hob den Zeigefinger in die entsprechende Richtung: Volltreffer.

Alle Anwesenden waren natürlich sichtlich erstaunt und freuten sich – nicht zuletzt ich selbst. Aber: dies war schließlich die erste Runde und das Wort „Zufall“ schwebte über dieser Situation wie eine bunte Leuchtreklame. Nachdem wir uns wieder gesammelt hatten, eröffneten wir die zweite Runde. Nach der dritten Runde stießen zwei weitere Personen hinzu. Eine dieser zwei Personen war den anderen fünf Personen völlig unbekannt. Sie erweiterten den Experimentkreis. Jede und jeder Anwesende durfte einmal Versuchsperson A sein. Möglichst im Wechsel bestimmten wir dann immer Versuchsperson B. Das Ergebnis:

Vier von sieben Runden waren wie in der ersten Runde ein direkter Volltreffer. In den anderen drei Runden hat die Zeigerichtung gestimmt, aber eine leichte Rest-Unsicherheit zwischen Versuchsperson B und der benachbarten Person blieb vorhanden. Bevor Versuchsperson A sich zu einer endgültigen Entscheidung durchringen konnte, wurde Versuchsperson B enthüllt. Dies war wohl der allgemeinen Aufregung geschuldet. Nichtsdestotrotz hat der Finger in jeder einzelnen Runde in die richtige Richtung gezeigt. Über den Daumen gepeilt entsprach das Ergebnis also einer phänomenalen Genauigkeit von ungefähr 80%. Und das, obwohl unsere fünf Sinne bereits benebelt waren, die Zeit fortgeschritten war, die Hintergrundmusik lief und die Personen sich sehr unterschiedlich gut kannten. Ich kann jeder und jedem, der oder die nun skeptisch ist, ans Herz legen, dieses Experiment mit Freunden oder Bekannten selbst zu wiederholen. Für diejenigen Teilnehmer an jenem Abend, die sich bereits mit derlei Dingen auseinandergesetzt haben, war das Experiment nur eine handfeste Bestätigung bestimmter bestehender Glaubenssätze. Selbst den anderen Teilnehmer, die zuvor wenig Berührungspunkte mit „Übersinnlichem“ hatten, gaben zu, dass das Konzept „Zufall“ bei sieben Personen und sieben Durchgängen schon an seine Belastungsgrenze stößt.

Indras Netz

Das Blick-Experiment ist für mich ein weiteres Indiz für die Verbundenheit der Dinge. Die Metapher, die dem chinesischen Buddhisten und ersten Patriarchen des Huayen-Buddhismus zugeschrieben wird und die Verbundenheit aller Dinge miteinander verbildlicht, wird „Indras Netz“ genannt. Indra ist in den Veden eine der obersten Gottheiten und direkter Abkömmling von Himmel (Dyaus) und Erde (Prithivi) (Quelle). Diese Gottheit ist seinen Attributen nach sehr menschlich und vereinigt eine Vielzahl an Aspekten in sich, die allesamt eher Kräfte des Lebens, der Veränderung und des Beginns bedeuten. Der Metapher nach spannt sich Indras Netz über seinem Wohnsitz unendlich in alle Richtungen auf. Wie jedes andere Netz hat es viele Knotenpunkte, an deren Stelle jedoch Juwelen sitzen. Jedes einzelne dieser Juwelen reflektiert dabei das Bild aller anderen Juwelen, trägt also deren Abbilder in sich. Da jedes Juwel die Abbilder aller anderen Juwelen reflektiert, trägt jedes Abbild zugleich die Abbilder aller anderen Juwelen wiederum in sich, woraus sich eine Verbundenheit in alle Richtungen bis in die Unendlichkeit ergibt.

Eine Beispiel aus der modernen Zeit: Ihr könnt euch die Idee hinter „Indras Netz“ veranschaulichen, wenn ihr mit Spiegeln arbeitet oder in einer Online-Konferenz euren Bildschirm mit den anderen teilt, die wiederum ihren Bildschirm mit euch teilen. Im Ergebnis seht ihr immer dasselbe Bild, das jedoch wie in einem unendlichen Illussionstunnel nach hinten immer kleiner wird. Stellt euch dies in alle Richtungen des Raumes vor:

Wissenschaft und Spiritualität

Ein internationales Team von Astrophysikern des Max-Planck-Instituts haben sich bereits vor einigen Jahren unter dem Projektnamen „VIRGO“ zusammengetan, um „mit Supercomputern die Entstehung von Galaxien, Galaxienhaufen, großräumigen Strukturen und die Entwicklung des intergalaktischen Mediums [zu] simulieren“ (Quelle, übersetzt mit DeepL). Eines ihrer Projekte nennt sich „Millenium Simulation“. Dabei haben sie versucht, „die Entwicklung der Materieverteilung in einer kubischen Region des Universums über 2 Milliarden Lichtjahre auf einer Seite zu verfolgen. [Dies] beschäftigte den wichtigsten Supercomputer im Supercomputing Centre der Max-Planck-Gesellschaft in Garching mehr als einen Monat lang“ (Quelle, übersetzt mit DeepL). Sie versuchten, stark vereinfacht ausgedrückt, die Struktur des Universums graphisch abzubilden, indem sie beispielhaft einen Bereich des Universums analysiert und dessen Grundbestandteile Materie, Dunkle Materie und Dunkle Energie, und wie sich diese entwickelten, berechneten. „Dunkle Energie“ und „Dunkle Materie“ heißen so, weil es Energie und Materie ist, die wir Menschen zwar theoretisch annehmen, aber noch nicht verstanden haben. Unser heutiges Universum besteht laut den aktuellen Theorien zu 95,4% aus diesen beiden Unbekannten und nur zu 4,6% aus dem, was wir „Materie“ nennen. Das Resultat sieht für mich wie ein futuristisches Gemälde von „Indras Netz“ aus. Eine Darstellung der Ergebnisse sieht folgendermaßen aus:

Dies ist die bildliche Ebene der Metapher. Viel wichtiger ist jedoch ihre inhaltliche Aussage. Die Juwelen können sinnbildlich für Menschen, aber auch für alle anderen Phänomene verstanden werden. Mit „Phänomenen“ meine ich allerdings nicht nur alles physisch Sichtbare, sondern auch alles „Feinstoffliche“, alles „Nicht-Materielle“ – womit wir wieder beim Blick-Experiment angelangt wären. Immanuel Kant hat in seiner Erkenntnistheorie zwischen den „Phänomena“ und den „Noumena“ unterschieden. „Noumena“ ist ein Sammelbegriff für Dinge, die nur gedanklich/geistig und nicht sinnlich erfasst werden können – man könnte es auch die „feinstoffliche“, die „geistige“, die „theoretische“ oder die „spirituelle“ Welt nennen.

Sie waren also zu Kants Zeiten empirisch nicht zu greifen oder zu messen und konnten nur annähernd durch Theoretisierung erfahrbar gemacht werden. Denn Kant erweiterte seinen Erfahrungsbegriff auch auf die „Noumena“, die „gedanklich erfahren“ werden können – damit hat er den Absolutheitsanspruch der Empirie transformiert. Das, was wir sinnlich-manifest mit unseren fünf Sinnen wahrnehmen können, bezeichnet Kant hingegen als „Phänomena“. Das Blick-Experiment hat mir persönlich jedoch gezeigt, dass es durchaus Möglichkeiten gibt, den Trennschleier zwischen einem „Noumenon“ wie das, was ich als „fühlbare Kraft“ bezeichnete, und einem „Phänomenon“, wie das „Angeguckt-werden“ für einen Moment zu lüften. Die Wissenschaftsströmung, die sich mit derlei Themen befasst, nennt sich „Grenzwissenschaften“. Die etablierten „Schulwissenschaften“ machen um solche Dinge einen Bogen oder finden Erklärungen wie diese hier, weil Ergebnisse, wie wir eines an jenem Abend gezeigt haben, nicht in das materialistisch-mechanistische Weltbild passt.

Weitere bekannte Experimente dieser Art, die von den Schulwissenschaften gerne mit halbseidenen Dokumentationen abgetan, intellektuell zerlegt oder schlicht totgeschwiegen werden, sind Themen wie „mit Pflanzen sprechen“, „Wasser durch Worte manipulieren“, Geist-Körper-Wechselwirkungen wie beispielsweise bei der Phowa-Praxis, oder das berühmte „Doppelspalt-Experiment“. Jüngste Erkenntnisse in der Quantenphysik, die als etablierte Disziplin in der Physik zu bezeichnen ist, hat jedoch seit einigen Jahren Erkenntnisse gewonnen, die zuvor noch in die Bereiche der „Grenzwissenschaften“ gefallen wären. Interessanterweise bin ich über einen etwas längeren Artikel auf „welt.de“ gestoßen, der die Quantenphysik als Schnittstelle zwischen „Spiritualität“ und „Wissenschaft“ thematisiert. Sie zitieren dabei unter anderem Christian Hellweg. Hellweg ist ein Wissenschaftler, der „sich nach dem Abschluss seines Physik- und Medizinstudiums am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie in Göttingen jahrelang mit der wissenschaftlichen Erforschung der Hirnfunktionen beschäftigt [hat]. Seine These bringt er wie folgt auf den Punkt: ,Die Eigenschaften des Geistigen entsprechen haargenau denjenigen Charakteristika, die die äußerst rätselhaften und wunderlichen Erscheinungen der Quantenwelt auszeichnen.'“ (Quelle)

Brücken

Der Baum ist das Symbol dieses Blogs. Dieser Beitrag ist eine Form der Rückbesinnung auf dessen ursprüngliche Idee. Zentrales Anliegen war und ist es, Brücken zwischen Welten zu bauen, wie es die Bäume tun. Sie sind tief in der festen Erde verwurzelt, strecken ihre Krone zugleich aber hoch in die Unendlichkeit des Himmels – beide Sphären sind Teile ein und derselben Welt. Sinnbildlich bildet der Baum die Brücke zwischen der Materie (Erde) und dem Geistigen (Himmel). Mit jedem Beitrag versuche ich dementsprechend, verschiedene Fronten, Seiten oder die aus meiner Sicht vernachlässigte Gegenposition aufzuzeigen, indem ich meine eigene Meinung weitestgehend zurückstelle, dabei jedoch natürlich niemals völlige Objektivität erreichen kann – die wahre Natur aller Phänomene sind nach Immanuel Kant „Noumena“ und lediglich individuelle Idealvorstellungen der subjektiven Gedankenwelt. Es ist dennoch möglich, gedanklich Positionen auszuloten, ohne sich diese zu eigen zu machen.

Wenn ich beispielsweise von Begebenheiten berichte, in denen Menschen behaupten, sie könnten Kraft ihrer Gedanken Wasser verändern, dann bin ich deshalb noch nicht zwangsläufig davon überzeugt, nehme es zunächst jedoch vorurteilsfrei zur Kenntnis. Gleiches gilt beispielsweise für die Hintergründe des russischen Angriffs auf die Ukraine. Wenn ich denke, bestimmte Informationen und Zusammenhänge seien nicht oder nur unzureichend bekannt, nehme ich es mir zur Aufgabe, diese Dinge hier öffentlich aufzubereiten. Dies heißt jedoch nicht, ich würde damit einen Krieg in irgendeiner Form rechtfertigen geschweige denn verteidigen. Es geht mir dabei in erste Linie darum, das Bild ein bisschen größer zu zeichnen, als es meiner Wahrnehmung nach vorherrscht.

Da ich fest von einer nicht sichtbaren und tieferliegenden Struktur der Welt überzeugt bin, wollte ich mit diesem Beitrag ausnahmsweise eine sehr persönliche Begebenheit wiedergeben, diese mit verschiedenen Aspekten vernetzen und damit eine weitere Brücke zwischen der materiell-alltäglichen Welt und der meinem Glauben nach nicht sichtbar aber dennoch existierenden geistigen Welt schlagen. Das Blickexperiment ist dabei eine sehr einfache Methode, diese nicht sichtbar aber dennoch existierende geistige Welt sinnlich-materiell erfahrbar zu machen – im Kant’schen Sinne also eine Brücke zwischen den „Noumena“ und den „Phänomena“ zu erschaffen. „Indras Netz“ ist dabei ein alte Metapher, die mit den Graphiken der Astrophysik und den Erkenntnissen der Quantenlehre über 2000 Jahre später erneut Bedeutung gewinnt.


von Marco Lo Voi

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5 Gedanken zu “Indras Netz der Juwelen: Über die Verbundenheit der Phänomene

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